Kollagen – gut für Muskeln, Gelenke & Haut?

Kollagen ist zurzeit im Hype. Als Eiweißbestandteil unserer Nägel, Haare, Knochen, Knorpel, Bindegewebe und Haut wird es dem Kunden als wertvolle Proteinquelle verkauft, die scheinbar genau hier helfen soll. Kollagen soll sogar beim Training unterstützend wirken, indem es den Muskelaufbau fördert. Doch was sagt die Wissenschaft dazu?

Was ist Kollagen?

Kollagene sind Strukturproteine, die hauptsächlich im Bindegewebe vorkommen. Eines der bekanntesten Kollagen-Quellen ist Gelatine. Wir kennen Gelatine sehr gut aus Pudding, Erdbeerkuchen oder Gummibärchen.

Kollagen als Supplement

Neuerdings findet man zunehmend Kollagen als Nahrungsergänzungsmittel vor. Hier gibt es vor allem zwei verschieden Kollagen-Formen. Zum einen hydrolysiertes Kollagen mit Kollagenpeptiden und zum anderen sogenanntes nicht denaturiertes Typ-II-Kollagen.

Grundsätzlich darf man – rein aus wissenschaftlicher Sicht – nicht beide Ergänzungen in einen Topf werfen, da sich hier unterschiedliche Dosierungen ergeben und womöglich unterschiedliche Resultate offenbaren.

Welche Wirkungen versprechen Hersteller?

Man geht davon aus, dass bei einer Kollagen-Ergänzung die Haut gesundheitlich profitiert. Außerdem wird Kollagen als Supplement für die Gelenke eingenommen, insbesondere bei vorliegender Arthrose oder einer rheumatoiden Arthritis. Was Kollagen tatsächlich kann, schauen wir uns gleich genauer an.

Das Wesentliche: Kollagen soll gute für Haut und Gelenke sein. Vor allem bei Arthrose soll Kollagen helfen.

Was sagt die Wissenschaft zu Kollagen?

In diesem Beitrag gehen wir konkret auf Studien ein, die mehrere Studien zusammenfassen, um einen genaueren Überblick über die aktuelle Datenlage zu erhalten. Außerdem gehen wir ausschließlich auf Humanstudien ein. Mit anderen Worten: Wir schließen Versuche an Tieren wie Ratten oder Mäuse aus, da sie grundsätzlich einen anderen Stoffwechsel haben und der Transfer auf Menschen schwierig und diskussionswürdig ist.

Kollagen hat positive Auswirkungen bei Arthrose

Eine erfreuliche Nachricht vorab: Kollagene scheinen tatsächlich zu wirken. In einer systematischen Übersichtsarbeit aus dem Jahre 2020 haben belgische Forscher 41 Studien ausgewertet. Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass alle vorliegenden Studien unabhängig voneinander und unabhängig von Dosierung, Verabreichungsform, Hersteller und weiteren Faktoren zu positiven Effekten bei Arthrose kamen.1 Unglücklicherweise fehlen noch gut durchgeführte randomisiert kontrollierte Studien, um konkretere Empfehlungen aussprechen zu können und sie ggf. in konsensbasierten Leitlinien für Ärzte und Patienten aufzunehmen.

Eine Metaanalyse aus dem Jahre 2019 von mexikanisches Wissenschaftlern bestätigt die Ergebnisse auch quantitativ. Insgesamt konnten 5 Studien ausgewertet werden. Sowohl im WOMAC OA-Index als auch in einer visuellen Analogskale verbesserten sich die Arthrose-Beschwerden signifikant, wenn Kollagen supplementiert worden ist.2

Das Wesentliche: Eine Vielzahl an Studien belegen positive Effekte einer Kollagen-Ergänzung bei vorliegender Arthrose. Für konkrete Empfehlungen für Patienten und Ärzte fehlen noch einige Daten.

Kollagen macht die Haut elastischer & geschmeidiger

Ebenso scheint sich Kollagen positiv auf die Haut auszuwirken. In einer systematischen Übersichtsarbeit von iranischen Forschern aus dem Jahre 2020 hat man 31 Studien ausgewertet. Die Forscher weisen darauf hin, dass nahezu alle Studien positive Effekte zeigten, ganz unabhängig davon, welches Kollagenpräparat ergänzt worden ist.3

Bisher haben sich drei spannende Wirkmechanismen von Kollagen auf die Hautgesundheit manifestiert:

  1. Die Effekte von Kollagenpeptiden auf Fibroblasten (Hauptbestandteil von unserem Bindegewebe),
  2. M2-ähnliche Makrophagen (potenziell anti-entzündlich und “Zellschrott-bereinigend”) und
  3. orale toleranzbedingte Mechanismen (führen zur Aktivierung Kollagen-spezifischer Tregs und somit zur Immunsuppression gegen körpereigenes Kollagen).

Auf ähnliche Ergebnisse kamen US-amerikanische Forscher 2019 in einer systematischen Übersichtsarbeit mit 11 Placebo-kontrollierten Studien. Auch hier zeigten alle aufgeführten Studien – unabhängig, ob als Hydrolysat oder in speziellen Peptidformen eingenommen – dass Kollagen-Supplementierung zur Wundheilung und Hautalterung beitragen kann.4 Es zeigten sich Verbesserungen in der Hautelastizität, Hydratation und in der dermalen Kollagendichte. Womöglich sind gesundheitliche Effekte bei speziellen Hautkrankheiten denkbar, aber Studien fehlen hierzu.

Das Wesentliche: Auch auf unsere Haut, sowohl in ihrer Gesundheit als auch in ihrer Erscheinung, scheint eine Kollagen-Ergänzung positive Effekte zu zeigen. Nahrungskollagen scheint auf direktem Wege das körpereigene Kollagen zu beeinflussen, indem sich die Dichte verändert, Immunfunktionen stimuliert werden und das Hautaltern abmildert. Erstaunlicherweise scheint eine Kollagen-Ergänzung nicht nur die Haut zu “befeuchten”, sondern auch bei der Wundheilung zu unterstützen.

Kollagen hilft bei Knieschmerzen

Eine erst kürzlich veröffentlichte randomisiert kontrollierte Studie aus Deutschland konnte zeigen, dass eine Supplementierung von 5 g spezifischen Kollagenpeptiden aus Typ-I-Kollagen zu einer Reduktion der Knieschmerzen durch Belastung im Vergleich zur Placebogruppe führte.5 Die Mechanismen sind noch nicht vollständig geklärt. Neben der Stimulation des Bindegewebes könnte Kollagen auch über immunologische und antientzündliche Prozesse den Abbau von Gewebe wie Knorpel hemmen.

Kollagen hat Potenzial – auch für die Knochengesundheit

Allgemein kann man festhalten, dass Kollagen durchaus Potenzial als Nahrungsergänzungsmittel für orthopädische und dermatologische Beschwerden besitzt. Es gibt auch Hinweise, dass Kollagen die Knochengesundheit fördern könnte.6 Wie so häufig ist hier weitere Forschung nötig.

Kollagen ist ungeeignet für den Muskelaufbau

Wichtig: Auch wenn Kollagen eine Eiweißquelle ist, kann sie aufgrund des schlechten Aminosäurenprofils eher weniger zum Muskelaufbau oder -erhalt (bei einer Diät) beitragen. Es gibt zwar vereinzelte Studien, die auf einen Benefit in der fettfreien Masse und Kraft verweisen7 8, allerdings sollte die praktische Relevanz abgewogen werden. Würde man Kollagen mit anderen Eiweißquellen wie Whey Protein gegenüberstellen, würden die Ergebnisse vermutlich ganz anders ausfallen. Daher ist Kollagen (noch) als isoliertes Ergänzungsmittel für oben genannte Effekte zu verstehen.

Das Wesentliche: Bei Knieschmerzen während Ausübung einer Sportart kann Kollagen helfen, die Schmerzen zu reduzieren. Grundsätzlich sind weitere positive Effekte auf Körperstrukturen wie Bindegewebe, Knochengerüst, Knorpel und Muskelmasse beobachtet worden.

Die Wirkung von Kollagen tritt erst über Wochen ein

Es gibt außerdem Hinweise darauf, dass Kollagen erst bei einer Supplementierung über einen längeren Zeitraum, z. B. über 2 bis 3 Monate oder länger, wirkt und diese Effekte auch noch lange Zeit danach anhalten.9

Kollagen in Kritik

Es gibt aber auch kritische Stimmen. Autoren aus Philadelphia weisen darauf hin, dass Kollagene aus bestimmten Aminosäuren bestünden, die ebenso über eine eiweißbetonte Ernährung zugeführt werden. Zudem gibt es bisher keine Evidenz, dass das konsumierte Kollagen auch wirklich in Haut oder Gelenken eingebaut wird. Darüber hinaus gibt es andere Eiweißmoleküle, die ebenso Effekte auf Haut, Knochen und Gelenke zeigen könnten.10 All diese Störfaktoren sind in Ernährungsstudien gängige Hürden, die es Forscher erschweren, kausale Zusammenhänge ziehen zu können. Hierzu bedarf es genauere, bildgebende Studienmethoden.

Außerdem wäre es wünschenswert und vorteilhaft, wenn in Zukunft nicht nur bildgebende Verfahren für Gelenke und Haut, sondern auch chemische Markierungen (z. B. über Isotope oder radioaktive Marker) für die Kollagen-Ergänzungen angewandt würden. So könnte man kausale Auswirkungen der Supplementierung ganz genau erkenntlich machen.

Das Wesentliche: Die positiven Mechanismen von Kollagen sind zwar logisch, aber nicht vollständig nachgewiesen. Hierfür fehlen uns bildgebende Verfahren sowie chemische Markierungen, um kausale Effekte nachzuweisen.

Dosierung & Einnahme von Kollagen

Grundsätzlich wird hydrolysiertes Kollagen in Mengen von etwa 10 g pro Tag eingenommen. Nicht denaturiertes Kollagen wird dagegen in viel niedrigeren Dosen von etwa 40 mg pro Tag ergänzt.

Kollagen als gilt als sicheres Nahrungsergänzungsmittel. Im Allgemeinen sind keine ernsten Nebenwirkungen bei dauerhafter Kollageneinnahme bekannt. Im schlimmsten Fall tritt gar kein Effekt ein, sodass man ausschließlich einen kleinen finanziellen Verlust ertragen muss.

Beim hydrolysierten Kollagen wird die Einnahme zu einer Mahlzeit empfohlen, während nicht denaturiertes Kollagen Tageszeit-unabhängig und auch auf nüchternem Magen ergänzt werden kann oder sollte, ähnlich wie beim Kreatin.

Das Wesentliche: Es gibt bis heute keine einheitlichen Dosierungsempfehlungen sowie unterschiedliche Präparate. Dieser Umstand macht auch die Vergleichbarkeit von Studien schwierig.

Fazit

Kollagen scheint tatsächlich in vielerlei Hinsicht zu wirken. Noch vor wenigen Jahren hätte man hier weniger gute Daten vorlegen können. Insbesondere für die Haut- und die Gelenkgesundheit scheint Kollagen ein potentes Nahrungsergänzungsmittel darzustellen. Es steht fest, dass wir uns gespannt auf weitere Studienergebnisse in den kommenden Jahren freuen dürfen!

Und, nimmst du Kollagen?

Mich sowie das SPORTBIONIER-Team würde es interessieren, ob du schon mal Kollagen supplementiert hast! Falls ja, warum? Wie lange supplementierst du es schon und wie kamst du auf die Idee? Wie ist dein Eindruck, ob und wie Kollagen bei dir wirkt? Schreibe es uns in die Kommentare!

Esst gesund & lecker!
Adrian Famula aka Famulus

Quellen

  1. Honvo, G., Lengelé, L., Charles, A., Reginster, J.-Y. & Bruyère, O. (2020). Role of Collagen Derivatives in Osteoarthritis and Cartilage Repair: A Systematic Scoping Review With Evidence Mapping. Rheumatology and Therapy, 7(4), 703–740. https://doi.org/10.1007/s40744-020-00240-5
  2. García-Coronado, J. M., Martínez-Olvera, L., Elizondo-Omaña, R. E., Acosta-Olivo, C. A., Vilchez-Cavazos, F., Simental-Mendía, L. E. & Simental-Mendía, M. (2019). Effect of collagen supplementation on osteoarthritis symptoms: a meta-analysis of randomized placebo-controlled trials. International orthopaedics, 43(3), 531–538. https://doi.org/10.1007/s00264-018-4211-5
  3. Barati, M., Jabbari, M., Navekar, R., Farahmand, F., Zeinalian, R., Salehi-Sahlabadi, A., Abbaszadeh, N., Mokari-Yamchi, A. & Davoodi, S. H. (2020). Collagen supplementation for skin health: A mechanistic systematic review. Journal of cosmetic dermatology, 19(11), 2820–2829. https://doi.org/10.1111/jocd.13435
  4. Choi, F. D., Sung, C. T., Juhasz, M. L.W. & Mesinkovsk, N. A. (2019). Oral Collagen Supplementation: A Systematic Review of Dermatological Applications. Journal of drugs in dermatology : JDD, 18(1), 9–16.
  5. Zdzieblik, D., Brame, J., Oesser, S., Gollhofer, A. & König, D. (2021). The Influence of Specific Bioactive Collagen Peptides on Knee Joint Discomfort in Young Physically Active Adults: A Randomized Controlled Trial. Nutrients, 13(2), 523. https://doi.org/10.3390/nu13020523
  6. Figueres Juher, T. & Basés Pérez, E. (2015). Revisión de los efectos beneficiosos de la ingesta de colágeno hidrolizado sobre la salud osteoarticular y el envejecimiento dérmico. Nutricion hospitalaria, 32 Suppl 1, 62–66. https://doi.org/10.3305/nh.2015.32.sup1.9482
  7. Oertzen-Hagemann, V., Kirmse, M., Eggers, B., Pfeiffer, K., Marcus, K., Marées, M. de & Platen, P. (2019). Effects of 12 Weeks of Hypertrophy Resistance Exercise Training Combined with Collagen Peptide Supplementation on the Skeletal Muscle Proteome in Recreationally Active Men. Nutrients, 11(5). https://doi.org/10.3390/nu11051072
  8. Kirmse, M., Oertzen-Hagemann, V., Marées, M. de, Bloch, W. & Platen, P. (2019). Prolonged Collagen Peptide Supplementation and Resistance Exercise Training Affects Body Composition in Recreationally Active Men. Nutrients, 11(5). https://doi.org/10.3390/nu11051154
  9. Lugo, J. P., Saiyed, Z. M., Lau, F. C., Molina, J. P. L., Pakdaman, M. N., Shamie, A. N. & Udani, J. K. (2013). Undenatured type II collagen (UC-II®) for joint support: a randomized, double-blind, placebo-controlled study in healthy volunteers. Journal of the International Society of Sports Nutrition, 10(1), 48. https://doi.org/10.1186/1550-2783-10-48
  10. Jhawar, N., Wang, J. V. & Saedi, N. (2020). Oral collagen supplementation for skin aging: A fad or the future? Journal of cosmetic dermatology, 19(4), 910–912. https://doi.org/10.1111/jocd.13096

Adrian Famula

Adrian hat sich spezialisiert auf Beiträge und Artikel zur Sport- und Ernährungswissenschaft. Seit seiner Jugendzeit beschäftigt er sich in seiner Freizeit mit sport- und ernährungsrelevanten Themen. Dies ist seinem Typ-1-Diabetes zu "verdanken", den er mit 13 Jahren diagnostiziert bekam. Auf YouTube kennt man ihn unter dem Namen ‚Famulus‘. Den Kanal hat er während seiner Abiturzeit gegründet und seitdem wurden seine Videos über eine Million Mal von Schülern, Lehrern und Dozenten sowie von anderen Interessenten angeklickt. Seine Philosophie: »Ausgelernt hat man nie. Jeden Tag lerne ich etwas Neues dazu. Deshalb freue ich mich immer über kritische Rückmeldungen und über konstruktive Kritik zu allem, was du von mir siehst, hörst und liest!« Instagram: @adrian_famula YouTube: Famulus Website: www.adrian-famula.de
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